Rechtliche Grundlagen
- Grundversorgungsvereinbarung - Art 15a B-VG
- Grundversorgungsgesetz Bund
- Grundversorgungsgesetz Wien (und andere Landesgesetze)
- Aufnahmerichtlinie (RL 2003/9/EG & AL 2013/33/EU)
Die Aufnahmerichtlinie 2003 war die Voraussetzung für die Einführung der Grundversorgung in Österreich. Darauffolgend wurde die Grundversorgungsvereinbarung zwischen Bund und den Ländern gemäß Art. 15 a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich erstellt, welche am 1.5.2004 in Kraft getreten. Darüber hinaus regelt das Grundversorgungsgesetz Bund u.a. die Aufgabenteilung von Bund und Länder. Die jeweiligen Landesgesetze regeln u.a. Umfang, Zuerkennung und Einstellung von Grundversorgungsleistungen.
Das Bundesland, dem der:die Asylwerber_in zugewiesen wurde, ist für die Versorgung zuständig. Für Wien zb. gilt das Wiener Grundversorgungsgesetz (WGVG). Jedes Bundesland hat ein eigenes GV Gesetz erlassen, bzw. in die bestehenden SH-Gesetze inkludiert, siehe Verlinkungen hier:
GVS Gesetz Steiermark
GVS Gesetz Burgenland
GVS Gesetz Oberösterreich
GVS Gesetz Niederösterreich
GVS Gesetz Tirol
GVS Gesetz Kärnten
GVS Gesetz Vorarlberg (in Sozialleistungsgesetz integriert)
GVS Gesetz Salzburg
GVS Gesetz Wien
Zentrale Inhalte der Grundversorgungsvereinbarung behandeln die Betreuung, Unterbringung und Beratung von Asylwerber:inen/Schutzsuchenden. Weiter die Festlegung der Zielgruppe, die Zuerkennung aber auch den Entzug von Grundversorgung(sleistungen) sowie die Kostenteilung zwischen Bund und Länder welche im Verhältnis 60:40 festgesetzt ist, die Vermeidung einer regionalen Überlastung (Quote) und Rechtssicherheit für Asylwerber:innen.
In Österreich ist die Betreuung zwischen Bund und Länder wie folgt aufgeteilt: Im Rahmen des Zulassungsverfahren ist der Bund/BMI, bzw. die staatliche BBU GmbH für die Unterbringung von Schutzsuchenden zuständig. Dafür gibt es sogenannte Erstaufnahmestellen (z.b. Traiskirchen, Thalham etc). Im Rahmen des Zulassungsverfahrens wird geprüft ob Österreich für das Asylverfahren zuständig ist. Erst wenn das Asylverfahren in Österreich zugelassen ist, erfolgt eine Verteilung/Zuweisung in die Bundesländer, in die sogenannte Länderversorgung. (siehe dazu auch Artikel Föderale Mangelverwaltung in der asylaktuell 01-22 und Überblick Asylverfahren)
Die Aufteilung erfolgt nach einer Quote, die jährlich aktualisiert wird, und berücksichtigt v.a. Parameter wie die jeweilige Bevölkerungsanzahl pro Bundesland. Die Gesamtbevölkerung Österreichs wird den Personen in Grundversorung gegenübergestellt und daraus die Quote pro Bundesland errechnet. Die Quotenerfüllung ist umstritten, nicht alle Bundesländer kommen ihrer Verpflichtung zur Aufnahme nach. Wien bspw. übererfüllt die Quote schon seit vielen Jahren, während die Anderen dies nicht tun. Dazu muss erwähnt werden, dass in die Quote der jeweiligen Bundesländer auch die Erstaufnahmestellen und Bundesbetreuungseinrichtungen des Bundes (BBU) gezählt werden, und die Quote daher nicht nur, zumindest da wo es auch BBU-Einrichtungen in den Bundesländern gibt, die tatsächliche Länderauslastung widerspiegelt. Grundsätzlich ist geregelt dass es von jenen, die die Quote nicht erfüllen, Ausgleichszahlungen an jene Bundesländer gibt, die ihre Quote übererfüllen. (siehe online Artikel zur 'Quote' aus dem Jahr 2021 hier, hier und hier sowie von Sept 2022 hier und der Verweis auf die website migration-infografik.at und website Land Kärnten (wird regelmäßig aktualisiert).
Erstaufnahme - Schnittstellen - Zuweisungsprozess
Die Thematik der Erstaufnahme und die damit in Zusammenhang stehenden Schnittstellen, wenn es um die Weitervermittlung in die Bundesländer geht, hier v.a. in Bezug auf Erfassung und Identifikation von Vulnerabilitäten und Bedürfnissen im Rahmen von Clearingstellen von Anfang an, hat unterschiedliche Organisationen und engagierte Personen auch 2024 beschäftigt. Im Rahmen einer Arbeitsgruppe der GÖG wurde ein Papier von Expert:innen aus dem Gremium Expert:innengruppe Psychosoziale Versorgung von Menschen mit Fluchtbiografie erstellt: Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der psychosozialen Erst- und Weiterversorgung schutzsuchender Menschen. Psychosoziale Aspekte im Spannungsfeld von Schnittstellen zwischen Erstversorgung und Weitervermittlung von Menschen mit Fluchtbiografie. Konkret ist das Papier neben dem Vorschlag der Diakonie für eine Clearingstelle im Erstaufnahmeprozess, eine weitere fachliche Handlungsempfehlung zur Identifikation von u.a. Vulnerabilitäten für die Erst- und Weiterversorgung von geflüchteten Menschen.
Derzeit gilt folgender Ablauf: Nach der Asylantragsstellung erfolgt im Rahmen der allgemeinen Aufnahme in eine Einrichtung der BBU GmbH der Aufnahmeprozess, dessen Ziele die Erhebung und Erfassung aller betreuungsrelevanten Informationen sind. Darunter fallen die medizinische und psychologische Erstversorgung sowie die Weitergabe der wichtigsten Informationen zu Unterkunft, Alltag in der Einrichtung etc. Innerhalb von 48 Stunden wird eine verpflichtende medizinische Erstuntersuchung durchgeführt. Neben dem verpflichtenden Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ist bei den Klient:innen ein TBC-Röntgen vorgesehen. Im Bedarfsfall kann an eine Psychologin oder einen Psychologen weitervermittelt werden. Es handelt sich um keine eigene Clearingstelle, die die ganzheitliche Situation aller geflüchteten Personen systematisch im Detail erfasst (wie z. B. auch Gewalterfahrungen auf der Flucht, Berufsausbildung, Arbeitserfahrung etc), auf dessen Basis geeignete Nachfolgequartiere und benötigte medizinische und psychosoziale Versorgung gesucht werden könnten.
Auf Bundesebene betreut die BBU Geflüchtete. Neben der Betreuung von Geflüchteten ist die Zuweisung von Geflüchteten zu freien Plätzen der Landesgrundversorgung eine zentrale Aufgabe der BBU-Koordinierungsstelle. Diese Stelle koordiniert die Belegung freier Plätze mit den jeweiligen Landesgrundversorgungsstellen für Aslywerber:innen mit bereits zugelassenem Asylverfahren. Je nach verfügbaren Kapazitäten in den Bundesländern sagen die Landesgrundversorgungs-stellen zu oder ab. Geflüchtete können nicht mitentscheiden, wo und wie sie Grundversorgung (GVS) erhalten. Auf allfällige individuelle gesundheitliche bzw. psychosoziale Aspekte kann bei der Auswahl des Bundeslandes nicht bedürfnisadäquat eingegangen werden. Zudem gibt es im Großteil der Bundesländer keine ausreichenden Plätze für Asylsuchende mit erhöhtem Betreuungsbedarf. Je nach Bundesland haben Quartiergeber:innen mehr oder weniger Mitspracherecht bei der Zuweisung von Geflüchteten. Die Landesgrundversorgungsstellen kommunizieren mit den Quartiergeber:innen und weisen freie Plätze in den Quartieren zu. Informationen zu betroffenen Personen sind meist auf persönliche Daten oder auf offensichtliche Erkrankungen wie Mobilitätseinschränkungen beschränkt.
Es gibt derzeit keinen koordinierten Clearingprozess und keine standardisierten bzw. ausreichend zielführenden Prozesse zur Erhebung und Weitergabe gesundheitsrelevanter Daten. Dadurch können die Bedarfe und Bedürfnisse der geflüchteten Personen bei der Zuweisung zu passenden Betreuungsplätzen, die entsprechende Behandlungs- und psychosoziale Unterstützungsmöglichkeiten bieten würden, nicht berücksichtigt werden. Die fehlende Abstimmung zwischen Quartier und zuweisender Stelle betrifft UMF und generell auch Erwachsene und Familien.
Außerdem sind neben der Erhebung von gesundheitsrelevanten Daten auch andere Datenaspekte wichtig: Erhebungen zu Berufsausbildung, Arbeitserfahrung, Sprachstanderhebung, Fremdsprachenkenntnisse, Kompetenzchecks etc. Dies betrifft neben der Planung von medizinischen, psychosozialen und psychiatriaschen Behandlungs- und Betreuungskapazitäten in den Bundesländern auch die Schaffung von Kapazitäten im Bildungsbereich (Kindergarten, Schule) und im Wohn- und Integrationsbereich (Deutschkurse, Wohnraum, Berufsausbildung, Qualifizierung, Vermittlung in den Arbeitsmarkt etc.). Daher ist es wichtig von Anfang an, zentral - im Sinne eines professionellen Schnittstellenmanagements - und unter Einbindung etablierter Stellen wie das AMS, Bildungsberatungsstellen usw., wichtige Daten und Informationen zu erheben (unter Einhaltung der DSGVO). Dies spart später nicht nur Geld sondern auch Zeitressourcen, da nicht jedes Bundesland wieder von Null mit der Erhebung beginnen muss.
Inhaltliche Grundlagen für die Beratung und Unterbringung
Inhaltliche Vorgaben zu Unterbringung, Betreuung und Beratung für die Regelbetreuung finden sich in den:
- Mindeststandards betreffend die Unterbringung in der Grundversorgung in Österreich
- Mindeststandards betreffend die Dienstleistung „Information, Beratung und Betreuung“ im Rahmen der Grundversorgung in Österreich
Diese Mindeststandards wurden am 24.9.2014 bei der Landesflüchtlingsreferent:innenkonferenz beschlossen. Grundlage dazu war wieder die EU Aufnahmerichtlinie 2013. Erst 10 Jahre später wurden Mindeststandards für die Unterbringung und die Beratung definiert.
In Wien wurden zusätzlich zu den Mindeststandards Trägerübergreifend sogenannte Qualitätsleitlinien ausgearbeitet, die einerseits die Mindeststandards widerspiegeln aber auch versucht, die Arbeit der Träger in Wien darzustellen und was über die Mindeststandards hinaus bereits als Standard gilt und auch umgesetzt wird. Außerdem muss gesagt werden, dass die Mindeststandards zwar gewisse Vorgaben festlegen, diese aber in Vergleich zum Beispiel zu Vorgaben der Wr. Wohnungslosenhilfe deutlich schlechter sind, siehe auch Artikel zu Menschenwürdigen Wohnen in der GVS (Vgl. Artikel menschenwürdiges Wohnen, asylaktuell 02-21).
- Der Betreuungsschlüssel in der Regelbetreuung im organisierten Bereich der Unterbringung liegt bei 1:55, sprich eine Vollzeitkraft ist für 55 Personen zuständig. Ab 50 Personen in einem Quartier muss es eine 24/7 Betreuung vor Ort geben und eine Rufbereitschaft geregelt sein.
- Der Betreuungsschlüssel für die Beratung (IBB) in den Beratungsstellen in Wien sowie für die Mobile Beratung im Rahmen der Grundversorgung liegt bei 1:140, sprich eine Vollzeitkraft ist für 140 Personen für die Beratung zuständig.
=> Details zu Betreuungsschlüssel/Beratung bitte bei jeweilige Bundesländern im Detail nachlesen.
Die Betreuung/Unterbringung wird in den allermeisten Fällen über NGOs und in den Bundesländer auch von privaten Quartiergeber:innen (zb. Besitzer:innen ehemaliger Pensionen oder andere) gemacht, die Verträge mit den jeweiligen Landes-Grundversorgungsstellen haben. Ausnahme ist Tirol: die Betreuung wird von den TSD (Tiroler Soziale Dienste) gemacht, die eine Tochterfirma des Land Tirol sind. Im Rahmen einer mobilen Beratung werden die Quartiere in den Bundesländern in regelmäßigen Abständen durch Sozialarbeiter:innen, Sozialberater:innen von NGOs beraten. Diese Beratung erfolgt zusätzlich neben der Unterbringung (siehe auch jeweiliges Bundesland). In Wien gibt es keine mobile Beratung in den Quartieren, stattdessen gibt es Beratungsstellen im Rahmen der Grundversorgung die von unterschiedlichen Trägern betrieben werden (siehe Infos bei Wien).
Inhaltliche Vorgaben für die Unterbringung im Rahmen des erhöhten Betreuungsbedarfes (Artikel noch in Arbeit - wird laufend ergänzt und aktualisiert)
Das BM.I und die Bundesländer (74. Korat-Beschluss) einigten sich im Juli 2008 auf grundsätzliche Merkmale sowie eine demonstrative Aufzählung der Beeinträchtigungen, welche einen „erhöhten Betreuungsbedarf“ definieren:
- ärztlich festgestellte schwere psychiatrische Erkrankungen,
- mindestens mittelschwere körperliche (physiologische) Gebrechen, geistige Behinderungen
- (unterdurchschnittliche kognitive Fähigkeiten) sowie Sinnesbeeinträchtigungen (z.B. Blindheit, Gehörlosigkeit, Taubblindheit),
- chronische Krankheiten (bspw. Dialyse, Krebs, TBC, etc.),
- epidemiologische, insb. unheilbare Erkrankungen (HIV, Hepatitis C), aber auch kurzfristig gefährliche Erkrankungen wie bspw. multiresistente TBC oder Epidemien, pathologische (unkontrollierte) Abhängigkeit von psychoaktiven Substanzen (ausgenommen Alkohol und Nikotin) – Substitutionsprogramm.
- Suchterkrankte Personen können dabei nur einem EBB-Platz zugewiesen werden, wenn die Folgeerkrankung die Zuweisung rechtfertigt. Die alleinige Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung wird nicht als EBB-Voraussetzung akzeptiert
Inhaltliche Vorgaben für die Unterbringung von Fluchtwaisen (minderjährigen Geflüchteten ohne Familie bzw. Erziehungsberechtigte)
Für die Unterbringung von minderjährigen Geflüchteten, gibt es Vorgaben der Kinder- und Jugendhilfe die im Rahmen der Unterbringung einzuhalten sind. Diese sind im Bundesländervergleich wiederum unterschiedlich geregelt. Für Detailinfos zur Unterbringung und Betreuungsformen bitte hier informieren.
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