PROTOKOLL  
(Klaus Hofstätter)

TEILNEHMER:INNEN

Marion Kremla (MK), asylkoordination,
CS, Groß-Gerungs;
EW, Schwarzenau;
EJ, Klosterneuburg;
PB, Perchtoldsdorf

AS, Gmünd (Telefonat vorher)

Klaus Hofstätter, asylkoordination österreich, Kompetenznetzwerk Asyl

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THEMEN

+ Diverses
+ (Ukrainische) Kinder in der Grundversorgung

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AS

Arbeit: eine ukrainische Krankenschwester, Kontakt mit der AST Anerkennung von Qualifikationen; Küchenhilfe
die Bürokratie ist voll arg, und sehr mühsam.

Der Sommer war sehr ruhig, kaum Spenden, wenig Freiwillige

Stimmung unter den Ukrainer:innen:
viele Jüngere, bis Ende 30, bis Ende der Ferien in der Ukraine
unter den 50 – 60Jährigen: Tendenz zum Hierbleiben, weil in der Ukraine keine Chance am Arbeitsmarkt, sind tw. in AMS-Projekten, ÖIF-Deutschkursen.

Mühsames Detail:
WIFI A2 Anschlusskurs: der ÖIF hat gemeint, wäre möglich, daraufhin wurde alles organisiert, Adressliste etc, dann aber wurde letztlich abgesagt.

Postives Erlebnis: Junge Künstler haben WS mit geflüchteten Kindern im August gemacht, sehr nett und positiv.

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Erfahrungen, wie es den ukrainischen Vertriebenen geht, hierbleiben oder zurückgehen?

Bei Familien bestimmt die Planung bzgl Hierbleiben oder Rückkehr stark die Haltung zu Integrationsmaßnahmen etc. Manche nehmen in der ukrainischen Schule online super teil, verweigern aber die österreichische Schule.

CS: Wer hierbleiben will, ist meist super engagiert. Welche Gründe für Bleiben oder Gehen sprechen - also OstUkraine bleiben, Westukraine zurückkehren - lässt sich so pauschal nicht sagen.

PB: in Perchtoldsdorf sind ungefähr 100 Personen. Die aus der O Ukraine wollen hier bleiben, Kids hier in der Schule, organisieren sich und suchen private Unterstützung.
die Vertriebenen aus Kiew sind ambivalent, kommen und gehen, die aus Lwiw und W Ukraine lassen Männer und Kinder hier, Frauen gehen eher zurück.

MK: Aus Forschungsergebnissen: Die Lebenszufriedenheit ist stark abhängig von den Deutschkenntnissen, und diese wiederum von einer inneren Entscheidung.

Die Eltern, insbesondere Akademiker:innen, sind sehr leistungsorientiert.

PB: enormer Leistungsdruck, die Kinder sind sehr dabei (AHS und ukrainischer Abschluss), Gap, weil stark ukraineorientiert. Väter kommen nach (das ist möglich, wenn Verletzung, oder bei mehr als drei Kindern)

MK: Die Eltern sind oft selbst traumatisiert.
CS: Es gibt keine Sonderbetreuungsplätze, die Leute bleiben ohne adäquate Betreuung.
allgemein, CS: die Ukrainer:innen lassen alles untersuchen. Mütter lassen Kinder ganz durchchecken, auf alles, scheint fast zwanghaft.

PB: diese Wahrnehmung kann ich nicht bestätigen, aber vielleicht macht die Unterbringung einen Unterschied. In Perchtoldsdorf sind alle privat untergebracht, CS: naja, vielleicht ist das dann nicht so sichtbar?

MK: eine Beobachtung aus der GVS: ein verbreitetes Alkoholproblem, auch bei Frauen? – Ja.

CW: bei psychischen Problemen haben wir eine Anlaufstelle beim PSD, CS: wirft ein, dass das eigentlich nur für Ukrainer:innen und anerkannte Flüchtlinge gilt, nicht für Asylwerber:innen. CW hat Spezialkontakt.

MK: bei organisierten Quartieren: Beobachtung, dass Eltern ihre Aufsichtspflicht vernachlässigen, Arbeitsaufnahme.

PB: Ukrainische Kinder machen einen recht selbständigen Eindruck, sind öfter alleine unterwegs, im Vgl. etwa zu den eigenen Kindern. Viele sind Alleinerzieherinnen – Kinder machen viel selbständig, vielleicht ist die Beaufsichtigung der Kinder auch hin und wieder eine Überforderung.

MK: Rückkehrambivalenz, schon schwierig, die Vorstellung einer Rückkehr mit Kindern ins Kriegsgebiet.

CS: Ambivalenz, und was ist die Perspektive hier? –

Problematik: Sprachkenntnisse prioritär, Zuverdienstgrenze eine große Schwierigkeit. Wir, als Berater:innen, sind sehr vorsichtig, bremsen eher, gerade bei Frauen mit Kindern, wo es keine Kinderbetreuung gibt, und man die Zuverdienstgrenze gleich mal überschritten hat.

Sprachkenntnisse der Ukrainer:innen: hauptsächlich Englisch, einige mit Deutschstudium, manche arbeiten online für ukrainische Firmen.

MK: Was wäre hilfreich?

PB: Ganztagesschule,

# einfacherer Übergang von VS zu MS, manche Kinder sind zwei Jahre in der 4. Klasse VS, weil im Mai in die 4. Klasse eingeschult, kein Mika D.
die Eltern möchten einen Platz im Gymnasium, aber die Gymnasien wollen nicht, weil das Zeugnis zu schlecht. Im 23. Bezirk gibt es die Anton-Kriegerstr., die eine Übergangsklasse hat. So etwas sollte es mehr geben, weil/ wenn es nur an D-Kenntnissen mangelt.

# Unterstützung bei Mobbing in MS, Ausweichen oft nicht möglich. Allerdings ist das Mobbing nicht spezifisch ukrainisch, es werden einfach Sündenböcke gesucht.

CS: Schulsozialarbeit wäre super, gibt es zwar, aber viel zu wenig.

Grundsätzlich: ganz viel hängt von sehr persönlichen Kompetenzen, Eigenschaften ab. Zentral ist das Kontaktknüpfen, manche sind schnell akzeptiert, andere gar nicht. Das hängt vom Lehrpersonal ab, von Gruppendynamiken, das kann man nicht so generell sagen. Aber vielleicht gibt es ja doch Hilfreiches, um die Kontakte zu stärken.
Was wären Ziele?
Möglichkeiten, Kompetenz zu zeigen
(bspw. eine 9-jährige, die akrobatisches Talent hat), Mädchensport fehlt, Kenntnisse in social media sichtbar machen.

PB: Es gibt zudem viel Aufklärungsbedarf in bezug auf österreichisches Schulsystem. Etwa ist das Verhältnis Kind – Schule in Ukraine ganz anders. Ukraine: Kind ist in der Schule, Schule übernimmt alles. In Österreich liegt viel mehr Verantwortung bei den Eltern. So wirkt die österreichische Schule auf die ukrainischen Eltern ‚kuschelig‘, weil die Sicht auf das Schulsystem eine andere ist. Wenn dann die Noten und die Leistungsforderung kommt, kommt die böse Überraschung. Die Sicht, dass die Schule die Forderung an die Kinder stellt, das Lernen übernimmt, ist weit verbreitet, in vielen Ländern. Das führt zu einer kognitiven Dissonanz Lehrerverhalten/ Noten, sowohl bei den Kindern als auch bei den Eltern. Wir versuchen das – diese Knackpunkte im System – zu vermitteln.

Burschen und Mädchen sind sehr fleißig.

MK: Elternberatung, gibt es die?

PB: vor allem untereinander, auch die Herkunftsfamilie spricht da stark mit. In bezug auf die ukrainischen Vertriebenen: die sind meist sehr gebildet, (Manager:innen, Facharbeiter:innen, …), verfügen selbst über genügend Kompetenz, sich Rat zu holen.

Wir stehen für Fragen zu Organisatorischem, Bürokratischem, wie der Mika-D- Testung und ähnlichem zur Verfügung, Sommerkurse, D-Förderungen. Rückmeldung der D-Trainer:innen des Vereins startklar (D-Kurse für 10-14jährige im Auftrag der NÖ LReg): die Kinder sind sehr undiszipliniert, machen nicht, was man ihnen sagt, unkonzentriert.

CS: wir haben für solche Fragestellungen keine Resourcen.

Best Practices:
MK: ein Beispiel aus einer Einrichtung von tralalobe, Wien Meidling: weibliche und männliche Sozialpädagog:innen, 2 Spielräume, sind gut genützt, es gibt dadurch mehr Kontakt innerhalb des Hauses, weil Freunde, gemeinsame Unternehmungen. Für die größeren Kids gibt es psychologische Gruppen.
Viele ukrainische Jugendliche sind isoliert.

Ganz wichtig: dass es genügend Raum für Austausch gibt, und eben die Sozialpädagog:innen.

CS: in NÖ gibt es den Lilienhof in St. Pölten, wo 40 Ukrainer:innen untergebracht sind, und 15 UMF, und in Jaidhof. Einheiten von 2 bis 10 Personen. Dort, wo Einzelwohnungen sind, fühlt man sich bald mal isoliert.
Wo Ukrainer:innen und Syrer:innen leben, gibt es immer Konflikte, weil man ggseitig misstrauisch ist, Kath vs Muslime, (die Syrer haben anfangs geholfen, die Wohnungen für Ukr herzurichten, die Ukr sind dem mit viel Misstrauen begegnet).

MK: stellt ein Kinderrechteprojekt der asylkoordination vor, asylrechtliche Workshops für Kinder. Ist wichtig, u.a., weil Kinder oft für ihre Eltern übersetzen müssen.

Aber: auch kindgerechte Momente

CS: bringt ein, dass man die Kinder mit gleichaltrigen zusammenbringen soll, wie macht man gemeinsam Party?
Vieles ist nicht kindgerecht: etwa, dass man sein Heimatland unterstützen soll, steht in Widerspruch zu den jugendlichen Bedürfnissen. Wichtig ist, dass etwas mit Emotionen passieren kann/ soll.

Zugang: Räume schaffen, innere Entspannung, ohne viel Struktur, zuhören.

Vielleicht sollte man ehemalige UMF fragen, die, die vor 5, 6 Jahren gekommen sind.

PB: am ehesten kriegt man die Kids mit Emotionen. Bswp. Deutschlernen als Verrat an denen zu Hause. Man darf hier keine Freude haben, weil man sonst die anderen verrät.
Thema: Schuld, schlechtes Gewissen, Verantwortung (Überzeugungen wie: Ich bin verantwortlich für das Nachkommen der Familie, wenn ich keinen Bescheid bekomme, bin ich schuld. Oder. Ich muss Pässe finanzieren, dieses Thema ist unlösbar).

Oder Sätze wie: „Meine Mutter hat mir gesagt, ich darf nicht mehr auf Russisch reden, aber ich kann nicht gut ukrainisch reden.“

Was es bräuchte: Psychoedukative Workshops zum Thema Verantwortung und Schuld.

Konsens: das bräuchte es sehr, aber es gibt keine Ressourcen mehr dafür (CS hat das früher gemacht)

CW: WS zu Verhalten im Verkehr, Fahrradkurse

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